Was mit einem Anti-Rassismus-Workshop einer zehnten Klasse begann, wurde zu einem Projekt der ganzen Schule: Im Unterricht und in ihrer Freizeit haben sich Schüler sämtlicher Jahrgangsstufen des Gymnasiums Georgianum in Lingen mit Themen wie Ausländerfeindlichkeit, Homo- und Transphobie sowie Ungleichbehandlung der Geschlechter auseinandergesetzt und ihren Gedanken in Form von kreativen Werken Ausdruck verliehen.
Pünktlich zum Tag der Menschenrechte, der jährlich am 10. Dezember begangen wird, wurde nun eine Ausstellung mit mehr als 90 Arbeiten eröffnet. Mit dem Projekt möchte das Georgianum, das die Siegel „Europaschule“ und „Schule ohne Rassismus“ trägt, ein Zeichen setzen für einen fairen und menschlichen Umgang miteinander.
Bereits vor den Herbstferien hatte die Klasse 10c der Klassenlehrerin Judith Reinefeld einen Workshop besucht, in welchem sie erfuhren, wie tief rassistisches Denken und Handeln im alltäglichen Leben verwurzelt sind. Nach dem Seminar war des Thema für die Jugendlichen noch nicht erledigt und sie wollten auch den übrigen Schülerinnen und Schülern etwas davon mitgeben. So entstand die Idee einer Ausstellung zum Thema Menschenrechte und es folgte ein entsprechender Aufruf. Schülerin Laura Sadykov fertigte sogar ein eindrucksvolles Erklärvideo an. Von der fünften Klasse bis in die Oberstufe reichten nun interessierte Mitwirkende ihre selbstgezeichneten und -designten Werke ein.
Die Ausstellung ist in verschiedene Themenbereiche untergliedert: Zu Beginn werden Begrifflichkeiten wie Rassismus und Antisemitismus erläutert und entsprechende Arbeiten gezeigt. Es folgen Werke zur „Black lives matter“-Bewegung, welche sich gegen die Gewalt an Schwarzen richtet, ehe es im nächsten Abschnitt um Fragen der sexuellen Orientierung beziehungsweise der geschlechtlichen Identität geht. Anschließend wird der Fokus auf das Thema Frauenrechte gerichtet. Als interaktives Element haben die Beteiligten eine „Wand gegen Hass“ errichtet, auf welcher die Besucher ihre Eindrücke und Gedanken notieren können.
Mit großem Engagement hat die Klasse 10c in den zurückliegenden Wochen die organisatorischen Herausforderungen gestemmt. Durch die Beschäftigung mit dieser Materie konnten die Jugendlichen selbst neue Einsichten gewinnen. Für Emma Ludden ist es etwa ein Anliegen, zu betonen, dass Frauen auch heute noch und auch in Deutschland vielfach mit Benachteiligungen zu kämpfen haben. Hanna Dobbelaere, die am Donnerstag auch die Eröffnungsrede hielt, ist es wichtig, beim Thema Menschenrechte die jüngeren Leute mitzunehmen – damit diese schon früh erfahren, dass man etwas verändern kann.
Lehrerin Judith Reinefeld ist stolz auf ihre Schüler. Ihr Dank gilt auch den Klassen 9a und 9c sowie deren Kunstlehrerin Anna Oeldig, die viele der Werke beisteuerten. Sie hebt zudem das Engagement der Helping-Hearts-AG unter Leitung von Britta Rolfes hervor, welche in den Pausen Kekse verkauft und den Erlös der Obdachlosenhilfe in Lingen spendet – auf dass die Ausstellung den Menschen auch in direkter Form hilft. Judith Reinefeld berichtet darüber hinaus, dass bereits nach der Ankündigung der Menschenrechtsaktion in der Lingener Tagespost Spendengelder aus der Bevölkerung eingegangen seien. Das Geld soll für eine langfristige, möglicherweise aus Glas gefertigte Installation zum Thema genutzt werden.
Schulleiter Manfred Heuer betont, es bedürfe einer hohen Sensibilität, Äußerungen wahrzunehmen, die den gleichen Wert aller Menschen in Frage stellten. Mitunter wirke auch die aktuelle Corona-Krise wie ein Katalysator, der zu Tage bringe, wie antidemokratisches Denken im Bewusstsein der Menschen verankert sei. Insofern lobt er die Ausstellung als „hervorragende Aktion, die hundertprozentig zum Profil der Schule passt“.
Wer nun einen Eindruck von dem Projekt gewinnen möchte: Der Schüler Janis Badde wird einen Film über die Ausstellung drehen und diesen bearbeiten. Dieser wird unter www.georgianum-lingen.de sowie auf dem Youtube-Kanal des Georgianums zu sehen sein.
Text und Fotos: Sebastian Hamel
Lingener Tagespost vom 13.12.2020