Anfang November letzten Jahres besuchten Maximilian Lux und Luke Stricker, beide von der HSG, unsere Schule.
Paulina: Wie seid ihr überhaupt zum Handball gekommen? Und wann war der Zeitpunkt, an dem euch klar wurde, dass ihr euer Hobby zum Beruf machen wollt?
Maximilian: Hi! Ich habe angefangen mit vier Jahren bei mir zu Hause in einer Kleinstadt im Verein. Und dann habe ich das eigentlich gar nicht so ernsthaft betrieben und habe dann zwischendurch auch andere Sportarten wie Schwimmen, Mountainbike, Fußball, Eishockey ausprobiert. Und dann irgendwann mit 16 habe ich dann nebenbei bemerkt, dass mir das echt viel Spaß macht, habe dann angefangen mehr zu trainieren und habe dann da auch so wirklich den Ehrgeiz entwickelt, Profi zu werden.
Luke: Ich habe mit acht Jahren angefangen in der Grundschul-AG. Ich bin dann vor zwei Jahren nach Jena gezogen, um dann da zu spielen und dachte mir, dass ich Handball etwas ernster spielen möchte. Mit der HSG wurde es dann auch wirklich ernst.
Justus: Luke, du warst ja auch am Georgianum. Was hat dir am sportlichen Bereich der Schule am besten gefallen?
Luke: Ich denke, die Vielfalt an Sportarten, die man hier betreiben konnte. Ich glaube, ich war damals die erste Generation, die in einer Sportklasse war, als sie eingeführt wurde. Wir haben immer coole Sachen gemacht, zum Beispiel Inliner fahren, wo dann auch ein Inliner-Trainer hier an der Schule war. Wir haben sogar Judo gemacht. Da waren diese Judo Matten ausgelegt, das weiß ich noch. Wir haben wirklich viele coole Sachen gemacht, die man im normalen Sportunterricht so nicht macht. Und das war, denke ich, hier schon speziell und echt cool an der Schule.
Paulina: Wie habt ihr denn eure Technik generell im Handball verfeinert und weiterentwickelt, um Im Endeffekt auf Profi-Niveau spielen zu können?
Maximilian: Bei mir war das so, dass ich relativ viele gute Trainer hatte, die mir da wirklich geholfen haben und ich habe dann aber auch versucht gewisse Sachen und Techniken, von älteren, erfahreneren Spielern, die ich cool fand, abzugucken. Das habe ich dann auch selber ausprobiert und trainiert, bis es geklappt hat.
Luke: Also in der Jugend ist es meistens so, dass man alles von seinen Trainern lernt. Aber wenn man dann später in den Herrenbereich kommt, dann hat man viele erfahrene Spieler, die einem was zeigen können und von denen man noch viel lernen kann. Wenn man also einen Fehler macht, kommt es von alleine, dass Mitspieler dich verbessern und zumindest ich dadurch extrem viel lernen konnte.
Justus: Welche Rolle spielt Teamdynamik in deinem Handballteam und wie arbeitet ihr zusammen, um erfolgreich zu sein?
Maximilian: Teamdynamik ist so schon verdammt wichtig, würde ich sagen. Klar, Taktik ist das eine, aber es sind trotzdem deine Kumpels, mit denen du auf dem Feld stehst und für die du dann auch kämpfst. Und deswegen ist das schon oft auch ein bisschen wichtiger als Taktik sogar. Also nicht nur irgendwelche Zahlen, Wurfquoten, Statistiken oder Sonstiges, sondern Teamgeist und Zusammenhalt sind so das, was dann wirklich manchmal auch den Gegner beeindruckt bzw. was dann dazu führt, dass man eine herausragende Leistung bringen kann.
Luke: Ja, da schließe ich mich Luxi auf jeden Fall an. Der Teamgeist ist schon sehr wichtig, erst recht auf der Platte. Wenn jeder für sich alleine spielt, dann kommst du nicht weit. Man muss da schon die Teamdynamik drin haben, obwohl am Ende natürlich auch die Taktik wichtig ist. Aber ich glaube, mit ordentlichem Teamgeist ist man schon mal auf einem guten Weg.
Paulina: Im Spiel gibt es auch sicherlich viele Drucksituation. Wie geht man denn da im entschiedenen Moment am besten um, dann vielleicht auch die Verantwortung zu übernehmen?
Maximilian: Es ist immer so das Ding, wie man sich selber Druck macht. Von außen sieht das vielleicht mega schwierig aus, aber ich versuche das dann für mich immer etwas runter zu brechen, sodass ich mir denke: „Okay, das ist so wie im Training“. Dass man sich auch keine Gedanken über Konsequenzen macht, wenn man einen bestimmten Ball spielt, ist auch sehr wichtig. Deswegen versuche ich mir da keinen großen Kopf zu machen und einfach so zu spielen, wie ich immer spiele.
Luke: Wenn man auf der Platte steht und viele Zuschauer da sind, dann ist ein gewisser Fokus drin und den Rest blendet man aus. Ob zehn Zuschauer zugucken oder 2.500, ist für mich auch kein großer Unterschied, weil man einfach da ist und das tut, was man jeden Tag macht. Wenn man zu viel nachdenkt, entstehen Fehler. Aber wenn man einfach spielt, dann klappt das auch.
Justus: Welche Verletzungen waren die größten Herausforderungen in eurer Karriere und wie seid ihr damit umgegangen?
Maximilian: Verletzungen hatte ich eigentlich noch gar nicht so große. Drüsenfieber hatte ich mal, das mich für zwei Monate ausgeknockt hat und echt schwer war. Zu dem Zeitpunkt wusste ich auch noch nicht, woran es liegt und was es war. Ich bin morgens aufgestanden, war schon komplett fertig und wollte direkt wieder ins Bett. Das hat mich ganz schön herausgefordert. Bei so kleineren Dingen wie ein Bänderriss sieht man ja Licht am Ende des Tunnels, weil es nichts ist, was unendlich lang dauert. Dann versucht man möglichst gut die Reha zu machen, sodass man danach wieder fit und nach 4-6 Wochen wieder dabei ist.
Luke: Ich bin auch zum Glück noch nie wirklich verletzt gewesen. Einmal hatte ich Sprunggelenkprobleme, aber es ging dann auch „nur“ zwei Monate. Wie Max schon sagt, wenn man am Ende des Tunnels Licht sieht und weiß, dass es danach weitergeht, dann ist es eigentlich auch relativ einfach, die Reha durchzuziehen und noch stärker wieder zurückzukommen.
Paulina: Habt ihr innerhalb eures Teams oder ihr selber irgendwelche Rituale oder besondere mentalen Vorbereitung?
Maximilian: Das ist von Spieler zu Spieler unterschiedlich. Manche Spieler haben ganzen Kataloge an Ritualen, die sie vor dem Spiel abarbeiten müssen, sonst wird das nichts. Ich persönlich hab eigentlich nicht so viele Rituale. Ich mach kurz vor dem Anpfiff für einen Moment die Augen zu und gehe, bevor wir einlaufen, ein wenig im Kreis. Dass ich aber erst meinen linken Schuh anziehen muss und dann erst den rechten, das habe ich jetzt eher weniger.
Luke: Da muss sagen, bin ich schon ein bisschen kränker… Wenn wir Spieltag haben, habe ich immer den gleichen Tagesablauf. 3,5 bis 4 Stunden vor dem Spiel esse ich und schlafe noch eine halbe Stunde vorher. Ich frühstücke und stehe auch immer zur gleichen Zeit auf. Zeitlich sollte das bei mir schon alles passen und strukturiert sein, damit ich mich gut fühle.
Justus: Welche Eigenschaften sind eurer Meinung nach entscheidend, um auf dem höchsten Niveau Handball spielen zu können und erfolgreich zu sein?
Maximilian: Das ist eine schwierige Frage. Ich würde mal sagen, dass man jeden Tag bereit ist, einen Schritt besser werden zu wollen. Aber eben auch, dass man mit Situationen, wo es nicht so läuft, umgehen kann, weil man durch solche „Talfahrten“ auch viel lernt. Deswegen würde ich Durchhaltevermögen, Einsatzbereitschaft und vor allem auch eine generelle positive Einstellung sagen.
Luke: Ich glaube, im Profisport ist Willensstärke ganz wichtig, weil nicht alles immer super laufen kann, wie Max schon gesagt hat. Es gibt immer Situationen oder Phasen, wo dies der Fall ist. Und um da stärker wieder rauszukommen, muss man einfach dranbleiben und immer 100 % im Training geben. Das hat, glaube ich, ganz viel mit Willensstärke zu tun. Wenn man nämlich versucht, jedes Training ein Stückchen besser zu werden, dann ist das schonmal der wichtigste Schritt in Richtung Erfolg.
Paulina: Das ist ein guter Übergang zur nächsten Frage: Welche Ratschläge hättet ihr denn für junge Handballspieler oder generell Sportler, die davon träumen, Profis zu werden?
Maximilian: Ganz einfach: Immer mehr machen als die anderen. Das war schon immer mein Leitsatz, dass man vielleicht mal ein bisschen länger trainiert und eine zusätzliche Einheit macht. Dann kann das auch etwas werden.
Luke: Ja, das glaube ich auch. Nur so wird man besser als die anderen. Und ganz wichtig ist natürlich auch Spaß an der Sache zu haben, weil es ansonsten auch nicht besser wird. Wenn man auf Krampf versucht, Profi zu werden, dann wird es schwierig. Man sollte immer noch mit Freude zum Training gehen und wenn das dann mit harter Arbeit und Ehrgeiz kombiniert wird, ist es, meiner Meinung nach, der richtige Weg.
Justus: Wie balanciert ihr die Anforderungen des Profisports mit anderen Aspekten eures Lebens und welche Opfer müsst ihr erbringen?
Maximilian: Wir haben ja schon viel Freizeit, würde ich sagen. Wir haben 8-mal die Woche Training und deshalb auch untypische Freizeitzeiten, wie zum Beispiel an Spieltagen am Wochenende. Wenn wir vorher auch noch mit dem Bus anreisen und im Hotel schlafen, dann ist es natürlich kein normaler Nine-to-Five-Rythmus, bei dem man nach der Arbeit frei hat. Sondern die Freizeiten sind, wie gesagt, eher untypisch, womit ich aber kein Problem habe.
Luke: Opfer, die man im Profisport natürlich bringen muss, ist zum Beispiel nicht so viel Party zu machen, wie die Freunde und sich da ein bisschen zurückzuhalten. Aber wie Lux schon sagt, wir haben viel Freizeit. Mittags und abends hat man dann Zeit, andere Dinge zu machen, auch wenn die Wochenenden dann meistens halt tot sind. Das ist vielleicht ein bisschen scheiße, aber das macht man halt auch gerne.
Paulina: Wie sieht denn so eine typische Trainingswoche von euch aus? Wie oft habt ihr Training und wie intensiv ist eine solche Trainingsphase?
Maximilian: Also wir haben 7 bis 8-mal Training die Woche. Wenn wir jetzt von einem Samstagsspiel ausgehen, ist es so, dass wir am Montagmorgen ein recht intensives Krafttraining haben und am Nachmittag Handball Training. Wenn wir am Wochenende gespielt haben, ist es oft so, dass wir davor noch ein paar Videos vom vergangenen Spiel gucken. Dienstagmorgen ist Wurftraining, also eine Art Handball Techniktraining. Am Dienstagabend wieder Handball, Mittwochvormittag Schnellkrafttraining, was dann aber schon in Richtung Spielvorbereitung geht. Mittwochabend ist wieder ganz normal Handballspielen angesagt. Donnerstag und Freitag sind dann quasi zwei Abschlusstrainings, wo es wirklich sehr viel um die Gegnervorbereitung geht: Was macht der Gegner und was wollen wir dagegen machen und so weiter… Da gucken wir vor dem Training auch meistens ein circa 45-minütiges Video und die zwei Trainingseinheiten sind dann von der Intensität eher nicht so hoch. Die Intensität nimmt quasi im Wochenverlauf ab, um beim Spiel nicht ausgepowert zu sein.
Luke: Ja… ich mache das gleiche Training.
Paulina: Variiert so eine Trainingswoche denn auch? Oder ist wirklich jede Woche gleich? Es hängt wahrscheinlich auch von der Spielsaison ab, oder?
Luke: Ja, es kommt drauf an. Wenn wir zum Beispiel englische Wochen haben, also mittwochs oder dienstags spielen, dann trainieren wir natürlich nicht am Tag vorher zweimal oder intensiv. Es gibt zum Beispiel aber auch Wochen, da spielen wir samstags und mittwochs und haben sonntags frei. Montagmorgens ist dann immer freiwilliges Krafttraining, da kann man hingehen, wenn man möchte und auch machen, was man möchte. Manche Spieler dehnen sich dort nur oder machen nur ein bisschen Mobilität, das ist jedem selbst überlassen. Montagabends und dienstagabends ist nur Spielvorbereitung und Taktik angesagt und dann spielt man eben mittwochs wieder. Donnerstags ist meistens wieder frei. Je mehr Spiele man in der Woche hat, desto weniger trainiert man eigentlich auch.
Justus: Das ganze intensive Training geht ja mit Sicherheit auch stark auf den Körper. Nehmt ihr Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente, damit der Körper fitter ist und mehr leisten kann?
Maximilian: Medikamente nehme ich keine. Nahrungsergänzungsmittel schon. Ich trinke Eiweißshakes zur Proteinzufuhr, was dann auch besser für die Regeneration ist. Dann nehme ich noch Mineralstoffe zu mir, da der Körper durch das viele Schwitzen viel Salze verliert, die eben nur durch Nahrung „nachgefüllt“ werden können. Ein bisschen Omega 3 nehme ich auch, was ebenso ganz gut für die Regeneration ist.
Luke: Ich nehme auch Nahrungsergänzungsmittel, Kreatin, Omega-Fettsäuren, Vitamine, Proteinshakes, das Übliche. Aber sonst? Medikamente nehme ich natürlich auch nicht, zum Glück.
Paulina: Dann kommen wir jetzt zur letzten Frage: Wie sieht eure Zukunftsplanung denn so aus? Wie lange plant ihr generell noch Handball zu spielen?
Maximilian: Ich möchte eigentlich so lange Handball spielen, wie es mir Spaß macht und wie mein Körper es zulässt. Man muss ja froh sein, wenn man es machen kann, da ich mich heute Nachmittag im Training ja theoretisch verletzen kann und dann ist alles vorbei. Deswegen möchte ich eigentlich schon so lange Handball spielen, wie es geht. Ich bin aktuell in meinem Studium und strebe an, dass das nach der Handballkarriere fertig ist, sodass ich dann in einen normaleren Job einsteigen kann.
Luke: Bei mir ebenso, ich versuche, so lange Handball zu spielen, wie mein Körper es zulässt und wie lange ich Spaß daran habe. Mein Ziel ist es auch, dass nach dem Handball mein Studium abgeschlossen ist, damit ich danach ganz normal arbeiten gehen kann. Selber habe ich mir aber keine Altersgrenze gesetzt, wann ich aufhöre, Handball zu spielen. Mal gucken.
Justus: Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview mit uns genommen habt.
Es interviewten: Paulina Degenhardt und Justus Feld (beide Jahrgang 11).
Fotos: Martin Glosemeyer, Stefan Roters.