Landschaftstag in Nordhorn zu Migration und Konfession
Im Aktionsjahr zum 500. Reformationsjubiläum hat der Landschaftstag der Emsländischen Landschaft im Kloster Frenswegen in Nordhorn anhand von Migrationsbewegungen die konfessionelle Struktur in der Region untersucht. Eine Ausstellung im Kreuzgang liefert dazu spannende Informationen.
Die meisten Menschen im Emsland sind römisch-katholisch, während die Grafschafter überwiegend calvinistisch geprägt sind und dem evangelisch-reformierten Glauben angehören. Doch auch eine nennenswerte Zahl an lutherischen Gemeinden hat sich in der Region etabliert. Wie ist es zu dieser konfessionellen Struktur gekommen? Welche Rolle spielten Migrationsbewegungen im ohnehin komplexen Prozess der Reformation? Und was sind die Auswirkungen? Diesen Fragen wurde nun im Kloster Frenswegen nachgegangen.
Landschaftstag alle zwei Jahre
Alle zwei Jahre veranstaltet die Emsländische Landschaft als besonderes Projekt den Landschaftstag, der es zum Ziel hat, bedeutende geschichtliche Themen zu regionalisieren. Nachdem im Jahr 2014 der Erste Weltkrieg das Leitthema war, stand die Zusammenkunft am vergangenen Freitag im Zeichen des 500. Reformationsjubiläums.
Migration und ihre Auswirkungen
Mit der Erweiterung um den Aspekt der Migration und der damit verbundenen Auswirkung auf die Konfessionslandschaft – hier besonders mit Blick auf den Zuzug von Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg sowie Spätaussiedlern Anfang der 1990er Jahre – wurde ein weiteres aktuelles Thema aufgegriffen. Eine große, ökumenisch zusammengesetzte Vorbereitungsgruppe hatte dafür gesorgt, einen inhaltlich verdichteten und interessanten, aber auch geselligen Landschaftstag zu bieten. Die Gesamtmoderation lag bei Dr. Birgit Kehne, Leiterin des Standortes Osnabrück des Niedersächsischen Landesarchivs.
Wanderungserfahrungen in den Familien
Mit ihren Eröffnungsvortrag „Zwischen Wandel und Beharrung – Die Vielfalt der Reformationen in der Region Emsland/Bentheim“ leitete die Historikerin Prof. Siegrid Westphal in die Thematik ein. Im Anschluss verteilten sich die 180 Teilnehmer – darunter 50 Schüler – auf drei Workshops. Im Zentrum stand dabei die Geschichtswerkstatt „Familie, Migration und Region“: Das von der Universität Osnabrück begleitete Projekt wurde bereits im Vorfeld des Landschaftstags angebahnt und an drei Schulen in der Grafschaft und im Emsland umgesetzt – am Gymnasium Nordhorn, am Gymnasium Georgianum Lingen sowie an der Albert-Trautmann-Oberschule in Werlte. Die beteiligten Schüler sollten bis zur Generation ihrer Urgroßeltern erforschen, welche Wanderungserfahrungen in ihren Familien gemacht wurden, und somit ihren ganz eigenen Bezug zur Migration entdecken.
Schüler im Gespräch mit Senioren
Im Workshop präsentierten die Mädchen und Jungen anschaulich gestaltete Plakate, wobei sich spannende Unterschiede manifestierten: Während die Vorfahren von Tilo aus Messingen im Sauerland lebten, reicht der Stammbaum von Jakob aus Nordhorn sogar bis nach Südkorea. Im Kloster kamen die Kinder ins Gespräch mit Senioren, die ihre persönlichen Erfahrungen mit ihnen teilten. Erhard Schönwälder aus Nordhorn, dessen Vater aus Schlesien in die Grafschaft kam, zeigte sich beeindruckt: „Es ist sehr interessant, dass die Schüler mit dieser Intensität ihre Familienchronik erarbeitet haben.“
Ausstellung im Kloster Frenswegen
Die beiden weiteren Workshops „Reformation als bleibende Aufgabe. Zur Aktualität der Reformation“ sowie „Konfession und Migration“ wurden geleitet von Reiner Rohloff, reformierter Moderator im Kloster Frenswegen, beziehungsweise Dr. Andreas Eiynck, Leiter des Emslandmuseums in Lingen. Letzterer eröffnete zum Abschluss des Landschaftstages eine Wanderausstellung mit 17 Bildtafeln im Kreuzgang des Klosters zur Reformation im Emsland und der Grafschaft Bentheim, die ab sofort von Interessierten besucht werden kann. Als niederschwelliges Angebot soll sie ohne fremde Erläuterung verständlich sein und einen differenzierten Überblick bieten. So gestaltet sich die Ausstellung als Zeitreise vom Thesenanschlag Luthers im Jahr 1517 über die Gegenreformation im Emsland bis hin zum heutigen bunten Miteinander der Konfessionen in der Region.
Hermann Bröring, Präsident der Emsländischen Landschaft, freute sich über den erfolgreichen Verlauf des Landschaftstags, dankte allen Beteiligten und würdigte insbesondere das Engagement von Kulturmanagerin Maleen Knorr, die maßgeblich an der Organisation beteiligt war. Bröring würdigte das Kloster als Veranstaltungsort, da es „keinen besseren Ort der institutionalisierten Ökumene“ gebe.
Sebastian Hamel, Lingener Tagespost vom 09.11.2016
Eindrücke von der Veranstaltung im Kloster Frenswegen, an der Schülerinnen und Schüler der Klasse 6f von Herrn Neubauer teilgenommen haben:
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Fotos: Alexander Neubauer