Aufgrund des Semesterthemas „Filmmusik“ bot sich eine Gelegenheit für unseren Musikkurs an, die Filmmusikkomponistin Annette Focks per Videokonferenz zu ihrer Arbeit und zu ihrer Person zu interviewen.
Um für diese besondere Unterrichtsstunde vorbereitet zu sein, hatte eine Mitschülerin unseres Kurses eine kurze Präsentation über Annette Focks angefertigt, wodurch wir sie bereits ein Stück weit kennenlernen durften. Darüber hinaus hatten wir uns den Film „Sweethearts “ aus dem Jahr 2019, bei dem Annette Focks die zugehörige Filmmusik komponiert hatte, angeschaut. Gemeinsam haben wir uns dann eine Stunde Zeit genommen, um mögliche Fragen, sowohl zu Annette Focks Person, als auch zum Film „Sweethearts“ für das bevorstehende Interview zu überlegen.
In der einstündigen Videokonferenz konnten wir zum Beispiel lernen, dass das Vertonen eines Films in der Kinobranche um die drei bis vier Monate dauert. In der Fernsehbranche jedoch nur sechs bis acht Wochen, wobei dies mit großem Druck verbunden ist, da es dabei natürlich auch um viel Geld geht und die sogenannten Cutter genügend Zeit zum Schneiden brauchen. Dabei kommt es durchaus vor, dass sie bei ihren Aufträgen zum Vertonen viele schlaflose Nächte und auch sehr viel Zeit investiert, um den Vorstellungen Ihrer Auftraggeber gerecht zu werden. Die meiste Zeit arbeitet sie dafür am Klavier oder an ihrem Computer, auf dem mehrere Kompositionen gespeichert sind.
Zudem ist es Frau Focks auch wichtig, dass die Cutter mit ihrer Musik schneiden und keine Temp Tracks während des Schneidens verwenden. Temp Tracks sind sogenannte Temporäre Tracks, die während der Bearbeitungsphase in der Filmproduktion verwendet werden und als Richtlinie für das Tempo bzw. die Stimmung des Filmes dienen.
Beginnt Annette Focks mit dem Vertonen eines Filmes, so fängt sie mit den Hauptthemen und den schwersten Szenen an. Beispielsweise hat sie in dem Film „Sweethearts“ mit den Actionszenen begonnen, da sich diese für sie selbst immer schwer gestalten. Außerdem wurden in dem Film „Sweethearts“ zum Teil auch bereits bestehende Songs wie „Thunder“ von den Imagine Dragons, oder „Look what you made me do“ von Taylor Swift verwendet. Bei diesen Songs kommen die Musik-Supervisor (zu dt.: Musikbetreuer. Musik-Supervisor schlagen dem Regisseur oder Produzenten eines Films etc. zuvor aufgezeichnete Lieder vor.) ins Spiel, da die Komponisten dort nicht mitbestimmen. Für solche Fälle gibt es ein extra Budget, da jede verwendete Sekunde mehrere Tausend Euro kosten kann.
Ein weiterer Aspekt, über den wir gesprochen haben, war die Geschlechterverteilung innerhalb dieser Berufsbranche. So konnten wir darüber erfahren, dass es in dieser Branche wesentlich mehr Männer als Frauen gibt. Die Tendenz ist allerdings steigend.
Mehrmals hatte Frau Focks auch Aufträge absagen müssen, wenn beispielsweise eine Zusammenarbeit mit dem Regisseur nicht funktioniert hat. Zudem versucht sie die Filme so in die Zeiten zu legen, dass sie möglichst nur an einem Film arbeitet, bevor sie die Musik für den nächsten Film komponiert.
Natürlich hat auch Frau Focks bestimmte Lieblingsszenen. So sind es beispielsweise im Film „Sweethearts“ die emotionalen Szenen, die sie selbst sehr toll findet. In einem anderen Film, der „4 Minuten“ heißt und bei dem sie ebenfalls die Musik komponiert hat, ist es die Abschlussmusik, die genau vier Minuten andauert und sehr anspruchsvoll ist. Denn einer ihrer Leitgedanken beim Komponieren sei: „Musik kommt aus der Stille und geht in die Stille zurück.“
Frau Focks haben wir als einen sehr natürlichen, netten und offenen Menschen kennenlernen dürfen. Sie hat sich jede Frage aufmerksam angehört und für uns beantwortet, sodass wir einen Einblick in ihren spannenden Beruf erhalten durften.
Text: Ina Eixler; Fotos: Stefan Roters.