Der ehemalige Leiter des Gymnasiums Georgianum, Heinz Buss, hat im Theaterpädagogischen Zentrum (TPZ) sein neues Buch vorgestellt. „Album Discipulorum Scholae Lingensis – das Schülerverzeichnis der Lingener Lateinschule (1689 – 1831)“ lautet der Titel der „Nachrichten vom Lingener Gymnasium Georgianum – Heft 4.
Die Buchvorstellung fiel mit dem 340sten Jahrestag der am 22. Januar 1680 feierlich eröffneten Lateinschule zusammen. Auf 245 Seiten befasst sich der Autor mit der sogenannten illustren, gehobenen Lateinischen Schule und hat die in Latein verfassten Schülerverzeichnisse in dem seit 1689 geführten Matrikelbuch „Album discipulorum scholae Lingensis“ nach der im Original vorgefundenen Abfolge transkribiert und inhaltlich erschlossen. Sämtliche von den jeweiligen Rektoren handschriftlich verfassten Notizen wurden von ihm entziffert. Die 2024 erfassten Schülerdaten, Namen, Alter, Klasse, Geburtsort, Aufnahme- und Abgangsjahr wurden aufgelistet. Eintragungen wie Fehlverhalten oder Gründe des Abgangs wurden ins Deutsche übertragen. „Welch mühsame Arbeit und zeitaufwendige Detailarbeit damit verbunden war, zeigen unter anderem das alphabetische Personenverzeichnis, die regionale Herkunft der Schüler oder die nach Abschlussjahren geordneten Absolventen“, betonte Georg Aehling in seiner Begrüßung als Verleger der Edition Virgines.
In seiner Präsentation erläuterte Heinz Buss die äußeren Rahmenbedingungen und inneren Abläufe der Lateinschule und ging dabei unter anderem auf die dortige Schullaufbahn, aber auch auf die Entwicklung der Schule bis zu ihrer Auflösung und bis zur Gründung des neuen Gymnasiums ein.
Beginnend mit den Aufzeichnungen des Rektors und Predigers der reformierten Gemeinde, Anton van Bylert (1647-1712), der ab 1689 alle Schüler der Lateinschule differenziert nach den Klassen Prima, Secunda, Tertia und Quarta auflistete, stellte der Autor exemplarisch weitere Schüler-, Promotions- und Einschreibelisten vor. Die meisten Schüler waren beim Eintritt zwischen zehn und zwölf Jahre alt. Nach einer Prüfung entschied der Schulleiter über die Aufnahme und Klassenzuweisung in die Quarta oder Infima. „Die Quarta (Klasse sieben) ist anscheinend eine Vor- oder Eingangsstufe gewesen, die als ein Sammelbecken für alle Neuaufnahmen diente, unabhängig vom Alter“, so Buss.
Die große Einschulungs-Spannbreite zwischen sechs und 30 Jahren erstaunte die gut 100 Besucher im TPZ, dem Gebäude, das 1685 als Seminar errichtet wurde, gedacht als Wohnheim für Schüler und Lehrkräfte. Zu den Senkrecht- und Durchstartern gehörte Arnold Drakenborch aus Utrecht, 1696 als 12-Jähriger in die Tertia (Klasse acht) aufgenommen, nach zwei Jahren in die Prima versetzt, studiert er bereits 1699 als 15-Jähriger an der Universität Utrecht. Heinz Buss berichtete über die Schülerentwicklungen, Examina, Versetzungen und deutlichen Bemerkungen wie „musis parum amicus – zu wenig ein Freund der Wissenschaften“.
Mit dieser Veröffentlichung erleichtert der Autor den Zugang zu einzigartigen Quellen. Heinz Buss bezeichnet es eher als ein „Nachschlagewerk mit Aufforderungscharakter, tiefer in die Geschichte einer Schule mit ihren Schülern und Lehrern einzusteigen und auch mit Fantasie zwischen den Zeilen zu lesen.“
Hanni Rickling, Vorsitzende des Lingener Heimatvereins, bezeichnete das Buch als „äußerst wichtiges Nachschlagewerk, das für Heimat- und Familienforscher eine unschätzbare Quelle sein wird, und das nicht nur für Lingen.“
Text und Fotos: Johannes Franke