„Die Kinder nahmen uns sofort an die Hand und wollten mit uns spielen“. Was sich so selbstverständlich liest, ist nicht unbedingt zu erwarten, wenn man das Friedensdorf in Oberhausen besucht und nicht weiß, auf wen man hier trifft. Die Schülerinnen und Schüler haben sich im Vorfeld über die Arbeit der Institution informiert und wussten daher, dass sie Kinder sehen werden, die zum Beispiel wegen der Explosion einer Gasflasche oder der Detonation einer Landmine starke Verbrennungen, Verätzungen und verstümmelte Gliedmaßen haben. Sie kommen unter anderem aus Usbekistan oder Angola – aus Ländern, die nicht im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung stehen. Wenn sich ein Kind hier ein Bein bricht, müssen die Eltern beim Arzt für die Behandlung bar bezahlen, was ihnen bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von knapp 200 Dollar nicht möglich ist. Das Kind muss unter starken Schmerzen mit dem gebrochenen Bein weiterleben, der Knorpel bildet sich zurück, Knochen versteifen, deformieren und entzünden sich schließlich. Ohne operativen Eingriff und antibiotische Behandlung ist der Tod in der Regel unumgänglich. Das Friedensdorf arbeitet mit Partnerorganisationen zusammen, die vor Ort genau diese Kinder aufspüren und den Mitarbeitern der Institution vorstellen. Alle sechs Monate werden die kleinen Patienten aus den Kooperationsländern nach Deutschland geflogen und in Krankenhäusern verteilt, die die Operationen und Behandlungen kostenlos durchführen. Auch das Bonifatius-Hospital in Lingen zählt zu diesen Kooperationspartnern. Im Krankenhaus werden die Kinder nach ihrer Operation von ehrenamtlichen Mitarbeitern betreut, um schließlich nach ihrer stationären Entlassung im Friedensdorf in Oberhausen wieder auf die Rückkehr in ihre Heimat vorbereitet zu werden. Sie erfahren hier wichtige physiotherapeutische Behandlung, aber auch die Vermittlung von lebenspraktischen Dingen, die ihnen in ihrer Heimat Vorteile verschaffen können. Während die Mädchen haushaltsnahe Fähigkeiten erlernen, werden die Jungen handwerklich geschult. In ihren Ländern zählen keine Zeugnisse, sie bekommen Arbeit, indem sie zeigen, was sie können.
Nachdem die Schülerinnen und Schüler am Donnerstagabend mit diesen Grundsätzen der Arbeit und dem Dorf an sich vertraut gemacht wurden, trafen sie Freitagvormittag nach dem Frühstück auf 20 Kinder, mit denen sie sich in zuvor im Unterricht erarbeiteten Workshops beschäftigten. Taschen konnten bemalt, Traumfänger und Masken gebastelt werden, das Basteln von Ketten und Halsbändern war ebenso beliebt wie das einfache Bemalen und Gestalten von Luftballons oder die Gestaltung von bunten Kresseköpfen. Mit allerlei Selbstgestaltetem, Masken im Gesicht, bunten Ketten an den Armen und einer ausgelassenen Fröhlichkeit verließen die 4-8jährigen ihre neuen Freunde nach gut zwei Stunden wieder und werden sicherlich das ein oder andere Andenken an diesen Tag mit in ihre Heimat nehmen.
Text und Fotos: Frank Kösters